Infraserv zeigte beim Tag der Industriekultur, wie Wasser im Industriepark Wiesbaden entnommen, aufbereitet, genutzt und zurückgeführt wird.
Welche Abwasser entstehen im Industriepark InfraServ in WiesbadenBiebrich? Von wo bezieht der Industripark sein Brauchwasser? Welche Abwasserklassen gibt es? Am 12. August 2025 nahmen interessierte Bürger die am Tag der Industriekultur bei einer öffentliche Führung die Gelegenheit war, den Industriepark Infraserv zu besuchen: einen Blick in den Wasserkreislauf des Industrieparks zu werfen.
Ex-SVWW-Profi Alf Mintzel nutzte die Gelegenheit, den Industriepark kennenzulernen. Heute arbeitet er im Marketingbereich des SV Wehen Wiesbaden.
Im Industriepark Wiesbaden fallen Abwässer aus zwei Quellen an – Produktionsabwässer aus den Betrieben und häusliche Abwässer aus Sanitäreinrichtungen. Hinzu kommt das Kühlwasser, das für industrielle Prozesse genutzt wurde. Damit sich diese Ströme nicht vermischten, betreibt Infraserv ein striktes Abwasser-Trennsystem: Schmutzwasser gelangt in die biologische Abwasserreinigungsanlage „Barra“ auf der Petersaue, Kühlwasser fließt über ein separates Kanalsystem direkt zurück in den Rhein – vorausgesetzt, es ist sauber. Sensoren überwachten die Qualität permanent; bei Belastungen wird der betroffene Strang sofort abgesperrt und eingegriffen.
Doppelte biologische Reinigung
Die Abwasserreinigungsanlage auf der Petersaue reinigt Schmutzwasser in mehreren Schritten. Nach einer mechanischen Vorreinigung erfolgt die chemische Neutralisation, um den pH-Wert für die biologische Stufe einzustellen. Danach kommen zwei unterschiedliche Verfahren zum Einsatz: eine anaerobe sowie eine aerobe Wasseraufbereitung. Während bei der anaeroben Aufbereitung ohne Sauerstoff, Kohlenstoffverbindungen vergären und Methan erzeugen, oxidieren organische Stoffe bei der aeroben Aufbereitung mit Sauerstoff. Die Kapazität ist beachtlich: Die Anlage kann im Jahr die Schmutzfracht von 1,2 Millionen Einwohnern verarbeiten – bei einer Wassermenge, die eher dem Bedarf einer 30.000-Einwohner-Stadt entspricht. Überschüssiger Klärschlamm wird auf der Landseite entwässert, um Platz und Kosten auf der Insel zu sparen.

Rheinwasser als Schlüsselressource
Neben der Abwasserreinigung spielte die Rheinwasserentnahme eine zentrale Rolle. Über Brunnenanlagen auf der Petersaue und historische Dükerleitungen, teils seit den 1920er-Jahren in Betrieb, entnimmt Infraserv jährlich bis zu 36 Millionen Kubikmeter Flusswasser. In Spitzenzeiten sind es 6000 Kubikmeter pro Stunde – umgerechnet rund zehn Badewannen. Ein Teil des Wassers dient direkt als hochwertiges Kühl- oder Betriebswasser für Reinigungsprozesse.
Vom Fluss zum VE-Wasser
Für besonders sensible Industrieanlagen und Turbinen wird das Rheinwasser zu VE-Wasser (vollentsalztem Wasser) aufbereitet. Der Prozess bgeinnt mit der Entkarbonisierung, bei der Kalkmilch gelöste Salze bindet – ähnlich wie beim Entkalken eines Wasserkochers, nur im industriellen Maßstab. Zwei Drittel der Salzfracht verschwindet auf diese Weise, der Rest eird in Ionenaustauschern und Mischbettanlagen entfernt. Das Ergebnis ist nahezu chemisch reines Wasser mit einer elektrischen Leitfähigkeit von nur 0,07 Mikrosiemens pro Zentimeter.
Durchlaufkühlung statt Chemie
Der größte Teil des Rheinwassers fließt jedoch in die Durchlaufkühlung. Dabei wird das Rheinwasser mechanisch gefiltert, auf Druck gebracht und nach der Nutzung – lediglich erwärmt – wieder in den Fluss geleitet. Bis zu 31 Grad darf das Wasser, das in den Rhein zurück geleitet wird, haben. Der Prozess wird auf Wasserqualität und Temperatur von Sensoren überwacht. Stimmt etwas nicht, kann Wasser in Speicherbecken aufgefangen und sichergestellt werden, dass kein verunreinigtes Wasser in den Rhein gelangt.
Blick in die Zukunft
Langfristig möchte Infraserv versuchen den Wasserverbrauch weiter zu senken und Abwärme effizienter nutzen – etwa durch Wärmepumpen. Solche Maßnahmen erfordern allerdings Investitionen in Millionenhöhe. Die Lage am Rhein ist ein strategischer Vorteil, der dabei nicht zu vernachlässigen ist. Der Standort liegt in keinem Wasserstressgebiet und profitiert insgesamt von einem großen Einzugsgebiet bis zu den Alpen.

Technik, Gewässerschutz und Wirtschaftlichkeit
Die Führung letzten Dienstag zeigte eindrucksvoll, wie eng im Industriepark Wiesbaden Technik, Umweltauflagen und wirtschaftliche Interessen miteinander verknüpft sind. Vom ersten Liter Schmutzwasser in der Barra bis zum letzten Tropfen VE-Wasser für die Turbine spannt sich im Industriepark InfraServ ein Kreislauf, der lückenlos überwacht und an veränderte Bedingungen angepasst wird – ein Beispiel dafür, wie industrielles Wassermanagement im 21. Jahrhundert funktioniert.
Foto – Führung durch den Industriepark zum Thema Abwasser ©2025 Volker Watschounek
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